Die Gnumigration

GnumigrationIm Serengeti-Mara-Ökosystem findet im jährlichen Zyklus ein heute einzigartiges Naturschauspiel statt. Ca. 1,3 Millionen Gnus, 250'000 Zebras und 300'000 Thomson-Gazellen ziehen auf der Suche nach Regen und frischem Gras durch den Serengeti-Nationalpark und das Masai-Mara-Nationalreservat. Ihnen folgen (zumindest streckenweise) die Jäger, wie Löwen, Leoparden, Geparde und Hyänen. Es ist die letzte Wanderbewegung mit einer derartigen Anzahl grosser Landsäugetiere.

Bekannt sind die Bilder, wenn diese riesigen Herden die Mara oder den Sand-River überqueren müssen, um in die Masai-Mara zu gelangen. Sie versammeln sich an den Ufern und warten erst einmal ab, sie wissen, was sie in den Flüssen erwartet, riesige Leistenkrokodile, die diesen Moment ein Jahr lang ersehnt haben, um sich wieder einmal so richtig den Bauch voll zuschlagen.

Da stehen sie also, die Gnus, und scheinen sich gegenseitig zu fragen "Gehen wir jetzt?", "Noch nicht!", "Wollen wir los?", "Ne, lieber noch warten.". So kann sich das über Stunden hinziehen. Doch, wenn es erst einmal beginnt und sich die Herde unter dem Druck von immer mehr nachrückenden Tieren in Gang setzt, ist der Teufel los und alle Tiere wollen sich aufs Mal in Bewegung setzen. Sie stürzen sich vom Ufer in den Fluss, in der Absicht, ihn so schnell wie möglich zu überqueren. Es ist, wie wenn das Wasser kochen würde. Der Augenblick der Krokodile ist gekommen. Sie schnappen sich vereinzelte Gnus, bevorzugt die jungen Kälber, und reissen diese in die Tiefe, wo sie sie ertränken.

GnumigrationAber auch am sicheren Ufer lauert der Tod. Die Gnus wollen fast panisch die sichere Böschung erklimmen, was nicht immer einfach ist, da der Weg an manchen Stellen nur über schmale, steile Pfade führt. Dort kommt es zu Engpässen, und die Gnus trampeln über gestürzte Artgenossen hinweg. Viele kommen auf diese Art ums Leben, und auch für Kälber ist das ein heikler Moment. Werden diese von den Muttertieren getrennt, haben sie kaum Überlebenschancen. Sie würden keine Ersatzmutter finden, die sie säugen würde und würden deshalb unweigerlich zu Grunde gehen.

Aber selbst wenn ein Gnu die Panzerechsen im Fluss, das Getrampel an gegenüber liegenden Flussufer überlebt hat und nicht ertrunken ist, ist es noch nicht in Sicherheit (aber wann ist das bei einem Gnu schon der Fall). Hier lauern die Löwen, die in der Masai-Mara resident sind und die Ankunft des Trecks ebenfalls schon erwarten. Auch sie greifen sich einige Tiere aus der Herde.

Wenn die Überquerung geschafft ist und sich die Herden in die Weiten der Mara zerstreuen, liegen die Kadaver derjenigen, die zurückgeblieben sind, im und um den Fluss und bescheren den Geiern ein reiches Festmahl. Kein schöner Anblick (zumindest für einen Gnufreund), aber das ist die Natur und kein Streichelzoo.
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Letzte Änderung: 19.07.2008